Tragen und Lasten
Morgen wird es richtig spannend. Da werden nämlich die Filigrandecken geliefert und eingebaut. Das sind dünne Fertigteilplatten, die im Werk auf Maß vorgefertigt und direkt auf die Wände gelegt werden, bevor darüber die Stahlbewehrung gelegt und die eigentlich tragende Betonschicht gegossen wird. So spart man die früher übliche Holzschalung, die als Puzzle vor Ort in mühsamer Tischlerarbeit gefertigt werden musste. Und wir werden mit Staunen sehen, dass die Erdgeschossdecke mit einem Mal an einem Tag da ist. Das sieht dann fast wie fertig aus, obwohl oben drüber natürlich noch einiges fehlt. Meine Stippvisite heute vor Ort hat mir bestätigt: Alles ist vorbereitet, die Platten müssen nur noch verlegt werden.
Bei der Gelegenheit kann man jetzt sehr schön sehen, wie so ein Gebäude statisch funktioniert. Irgendwie sind wir es ja seit Jahrzehnten gewohnt, dass man heute alles bauen kann: Wilde Auskragungen in alle Richtungen, Gebäude, die auf schrägen Stützen tanzen, kühn geschwungene Schalen, schwebende Wände, Häuser, die nur aus Glas zu bestehen scheinen. So ist vielen glaube ich das Gefühl dafür verloren gegangen, dass dennoch auch beim heutigen Bauen die Prinzipien vom Tragen und Lasten immer noch gelten. Und dass es auch Sinn macht, ein Haus entsprechend dieser Prinzipien zu bauen. Das, was beim Budenbau, beim Bauen mit Lego oder Bierdeckeln gilt, ist auch beim Bauen mit Beton zu berücksichtigen. Man braucht tragende Wände, und wenn es keine Wände gibt, braucht man Stützen, und die Stützen brauchen auch in der Regel einen Balken darüber, bevor man eine Platte darauflegen kann. Und so konnten wir in den vergangenen Tagen sehen, wie zuerst die Stützen betoniert wurden und anschließend horizontal darüber die Unterzüge, die wiederum auf Wänden aufliegen. Aber im Bereich des Büros (links im Bild), da gibt es bisher noch keine Unterzüge, da werden die Filigranplatten auf die provisorischen Baustellenbalken aufgelegt. Und dann? Eine Deckenplatte ohne richtiges Auflager? Ich weiß es gar nicht genau, gehe aber davon aus, dass nachträglich eine Attika am Rand aufbetoniert wird, die dann als Überzug wirkt und vom Archiv (ganz links außerhalb des Bildes) bis zu der betonierten Wandscheibe in der Mitte spannt. Und erst dann dürfen die Stützen unten drunter verschwinden. Morgen mehr!